Mit bestens disponierten Chören, einem Originalklang-Ensemble und einem harmonischen Solistenseptett gestaltete Fabian Wöhrle das Konzert zum Ewigkeitssonntag in der Ludwigsburger Stadtkirche.
Von Harry Schmidt. (Aus: Ludwigsburger Kreiszeitung, vom 27.11.2024, Seite 24)
Ludwigsburg. Lang horcht Fabian Wöhrle dem letzten „in aeternam“ nach. Auch als das Geläut der Stadtkirche einsetzt, lässt der Bezirkskantor die Hände nicht sinken, als wolle er das demütige Gedenken, dem Philipp Friedrich Böddeckers anlässlich des Westfälischen Friedens komponiertes und 1650 in Straßburg gedrucktes „Te Deum“ mit seinem komplexen Geflecht von bis zu 18 Stimmen soeben frühbarocken Ausdruck verliehen hat, noch etwas länger festhalten an diesem Ewigkeitssonntag, an dem traditionell der Toten gedacht wird – „saculum saeculi“ (von Ewigkeit zu Ewigkeit), wie es im Text des „Melos irenicum“ betitelten ambrosianischen Lobgesangs heißt. Erst nach zwei sehr stillen Minuten setzt der Beifall in der Stadtkirche ein, voller Dankbarkeit und Wärme.
„Exequien“ im Zentrum
Ohne Fehl und Tadel gestaltete das harmonische Solistensextett – Wakako Nakaso, Johanna Zimmer (Sopran), Sandra Stahlheber (Alt), Martin Höhler, Johannes Kaleschke (beide Tenor), Florian Schmidt-Bohn (Bass) – seine Gesangspassagen, ausgezeichnet präpariert und disponiert präsentierten sich auch der um den Ludwigsburger Motettenchor verstärkte Stadtkirchenchor. Dass die Musikerinnen und Musiker des Orchesters der Stadtkirche die enorme Prachtentfaltung im „Te Deum” des einstigen Stuttgarter Stiftorganisten auf Originalklanginstrumenten darstellten – zu den beiden stehend musizierenden Barockviolinen erklangen Zink und Barockposaunen, in der Continuo-Gruppe Gambe und Dulzian (der Renaissence-Vorläufer des Fagotts) –. verlieh der exzellenten Wiedergabe ein stimmiges, historisch informiertes Klangbild.
Im Zentrum des Ewigkeitssonntag-Konzert standen die „Musikalischen Exequien” (Op. 7) von Heinrich Schütz 1645/36 als Begräbnismusik zur Beisetzung von Heinrich (II.) Posthumus Reuß entstanden, beruht das dreiteilige Werk auf einer Sammlung von Bibelversen und Liedtexten, die der Landesfürst zu Gera noch vor seinem Tod angelegt hat. Daher rührt insbesondere die Vielstimmigkeit der Texte im kleinteiligen „Concert à 6 in form einer teutschen Missa“,, das nicht nur den Auftakt der „Musikalischen Exequien“ markiert, sondern mit seinen 27 Teilsätzen auch den Hauptanteil an der rund halbstündigen Spieldauer hat. Dem Solistensextett, aus dem hier vor allem Martin Höhler als ideale Barockstimme mit hell timbrierten, schlank und schwerelos sich verströmendem Tenor nochmals über das hervorragende Niveau der Gesangsstimmen herausragte, stand mit Christoph Schweizer neben dem baritonal veranlagten Schmidt-Bohn noch ein zweiter, etwas tiefer disponierter Bass zur Seite.
Alternierend zu den sechsstimmig vertonten Bibelworten tritt in den als „Capella“ bezeichneten Teilsätzen der Chor machtvoll in Erscheinung, gestisch beredt geführt von Wöhrle – firm und geschlossen in den Unisoni, transparent und in klarer Diktion in den fugierten Passagen. Doppelchörig angelegt dann die folgende Motette „Herr, wenn ich nur dich habe“, bevor das Sakralwerk im „Canticum Simeonis“ (Lobgesang des Simeon) mit Nakako und Zimmer als auf den beiden Erkern der Empore platzierten Favoritchors seinen Höhe- und Schlusspunkt erfuhr.
Ebenfalls mit Fernchor-Wirkung brachte Dietlind Mayer die berühmte „Passacaglia“ aus den „Rosenkranz-Sonaten“ von Heinrich Ignaz Franz von Biber zu Gehör – himmlische Musik, die (durchaus wie eine unendliche Melodie) im Rücken des Publikums von oben ertönte. Eingerahmt wurde das exzellent gestaltete Barockprogramm durch etwas jüngere, vierstimmigen Motetten von Gottfried August Homilius und dem Mozart-Zeitgenossen Eucharius Florschütz.