Von Meike Katrin Stein (aus: Ludwigsburger Zeitung vom 27. Februar 2024, Seite 21)
LUDWIGSBURG. Erwartungsvolle Stille senkt sich über das Publikum. Viele haben an diesem Sonntag den Weg in die Friedenskirche gefunden, um eines der wohl bekanntesten Werke Georg Friedrich Händels zu hören: den „Messias”, gesungen vom Motettenchor Ludwigsburg. Unter der Leitung von Bezirkskantor Martin Kaleschke führt der Chor das Oratorium in einer gekürzten Fassung auf, um mit dem Erlös des Konzerts die Sanierung der Walcker-Orgel zu finanzieren.
Begleitet wird er von Gesangssolisten und einem Orchester, das auf Originalklanginstrumenten sppielt. Mit dem für Barockinstrumente typisch fiigranen und leicht durchlässigen Klang leitet das Orchester das Werk mit dem Andante-Satz einer Händel-Suite ein und schafft sogleich Atmosphäre und Klangbett für die Gesangssolisten. Dem Tenor Johannes Kaleschke gelingt es von Beginn an, das Publikum abzuholen und mit klar artikulierten Silben und Tönen, selbst in langen Läufen, den musikalischen Faden nicht zu verlieren.
Auf 70 Minuten verkürzt
In der Übergabe an die Altistin Wiebke Wigland übernimmt eine von warmer Klangfarbe geprägte Stimme und verändert sich gekonnt zum Dramatischen hin, als sie mit viel Ausdruck „For he is like a refiners fire” (übersetzt: „Denn er ist wie eines Läuterers Feuer”) singt. Auch die Sopranistin Caroline Oestreich und der Basssolist Simon Amend überzeugen gesanglich durch ihren tragenden und in ihren Melodien beinahe schwebenden Gesang und ergänzen das Solistenquartett vortrefflich.
Mag der natürliche Hall der Friedenskirche, der das Orchester verstärkt, die Solisten fast überdecken, so ist das Verhältnis zwischen Chor und Orchester hingegen ausgewogen und sorgt für einen runden Klang. „His name shall be called Wonderfull” erklingt klar verständlich und inbrünstig aus dem Chor heraus. Der Klang des gesamten Ensembles an diesem Abend ist vielschichtig, abwechslungsreich ung ausdrucksvoll, so dass kleinere Tempo-Ungenauigkeiten im Orchester kaum auffielen. Bezirkskanter Fabian Wöhrle hat das Werk auf eine Spieldauer von 70 Minuten gekürzt, die Originalsprache Englisch beibehalten, Stücke aus allen drei Werkteilen übernommen und teilweise deren Reihenfolge verändert, so dass diese Fassung, insgesamt nur noch halb so lang wie das Original, ebenso stimmig wirkt wie ihre große Schwester.
Kraftvoll und frei schallt das „Halleluja“ durch die Kirche. Dem Motettenchor gelingt hierbei dei Gratwanderung zwischen Prunk und Tiefgründigkeit und so wirkt auch ein oft gehörtes Werk nicht abgenutzt oder beliebig. Im musikalischen Kontrast dazu steht die Passage „Since by man came death” („Da durch einen Menschen der Tod gekommen ist”), die der Chor a cappella und beinahe flüsternd singt und diesem Moment damit eine besondere klangliche Qualität verleht.
Die mit dem Erlos zu sanierende Walcker-Orgel ist so alt wie die Friedenskirche selbst. 1903 erbaut, wurde sie viele Male umgebaut und wird seit einigen Jahren nicht nur aufwendig rekonstruiert, sondern bedarf einer dringenden Renovierung. Zu diesem Zweck gründete sich vor zwei Jahren der Verein „Friedenskirche Ludwigsburg – Walcker-Orgel bewahren e.V.” und veranstaltet seitdem unter anderem eine Reihe von Konzerten zur Finanzierung. Aktuell, so Konrad Seigfried, Vereinsvorsitzender des Vereins und Erster Bürgermeister a. D., sei mit 325 000 Euro die Hälfte der benötigten Summe beisammen. Das Ziel des Vereins sei es, die Sanierung der Orgel bis zu ihrem 125-jährigen Jubiläum im Jahr 2028 abgeschlossen zu haben.